Mensch Mahler | Die Podcast Kolumne

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Auffallen um jeden Preis?

Season 3, Ep. 266

230125PC Auffallen – um jeden Preis?

Mensch Mahler am 25.01.2023


Sich aus der Masse herauszuheben ist ein Urbedürfnis des Menschen. Raus aus der Uniform, auffallen, fast egal wie. Als ich jung war, waren es Jeans, lange Haare und Parka. Bis wir merkten, dass wir doch wieder in einer Uniform stecken, weil alle so rumgelaufen sind. 

Heute sind es mehr Tattoos und Piercings. Oder der pink-metallic Lambo. Oder die aufgespritzten Lippen und das Gucci-Täschchen. 

Man kann auch auffallen wollen, wenn man damit ein bestimmtes Ziel erreichen will. Ich saß mit meinen Gesinnungs-Genossinnen in Mutlangen auf der Straße, weil wir darauf aufmerksam machen wollten, dass die US-Army endlich die Pershings abziehen soll. 

Die Klimaaktivsten kleben sich auf den Straßen fest, weil sie darauf aufmerksam machen möchten, dass unser Individualverkehr ein Klimakiller ist. 

Merke: die Aktion sollte immer etwas damit zu haben, was damit bezweckt werden soll. Kartoffelbrei auf Kunstwerke in Museen erschließt sich da für mich nicht. 

Ich habe es in der Erziehung meiner Kinder gelernt: Die Sanktion, wie immer sie aussieht, steht mit dem Fehlverhalten in unmittelbarem Zusammenhang, sonst ist sie pädagogisch wirkungslos. 

Beigebracht hat mir das eine kluge Verkehrsrichterin. Im Alter von 18 Jahren habe ich betrunken einen Verkehrsunfall verursacht. Die Strafe: 2 Wochen Mitarbeit in einer beschützenden Werkstatt, damit ich begreife, was ein solches Fahrverhalten für Folgen haben kann.

Dieses Urteil hat mein Leben verändert. 


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3/21/2023

Ihr Gewissen war rein

Season 3, Ep. 202
230321MM Ein reines Gewissen Mahler meint am 21.03.2023„Ihr Gewissen war rein. Sie benutzte es nie.“ Diesen Spruch des polnischen Schriftstellers Stanislaw Lec hat in der italienischen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni eine neue Aktualität erhalten. Angesichts der vielen ertrunkenen Bootsflüchtlinge vor der italienischen Küste sprach die faschistische Präsidentin von ihrem „reinen Gewissen“.Ich weiß schon lange, dass es so etwas nicht gibt. Ich kann für mich maximal von einem „getrösteten Gewissen“ sprechen. Angesichts so vieler Verwicklungen in Unrechtsstrukturen, die vielen Menschen das Leben kosten, ist ein getröstetes Gewissen schon eine ganze Menge.„Das Gewissen ist das Echo Gottes“  heißt es in dem Buch „Brot und Liebe“. Und weiter schreiben Susanne Niemeyer und Johannes Lemme:„ES ist zerbrechlich. Es braucht viel Pflege. Auch mit 18 ist es nicht erwachsen. Es ist mein zweites Ich, vielleicht sogar mein erstes. Zur Rampensau taugt es weniger. Es braucht Ermutigung, Freundinnen und Herzenswärme. Es geht auf die Schule, lebenslang. Es wohnt irgendwo zwischen Milz und Leber, vielleicht auch ein Stück höher. Es gedeiht in der Todeszone, das Gewissen. ES wird mich niemals verlassen, nicht, wenn ich es leben lasse. In seiner Schwäche ist es stark. Es pfeift auf Gesetze und hat doch Regeln. Es weiß um mein Wissen und lacht über meine Cleverness. Ein Schlitzohr ist es nicht. Es ist das Echo der Stimme Gottes.