Mensch Mahler | Die Podcast Kolumne

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Messerattaken

Season 3, Ep. 271

                    230203PC Gewaltbereitschaft ist nicht erhöht!

Mensch Mahler am 03.02.2023


Messerangriff in der Regionalbahn in Burgstädt – 2 Tote. Messerattacke in einer Schule in Dortmund vorgestern. Angriff auf Einsatzkräfte von Polizei und Rettungsdiensten an Silvester. Täter: Jugendliche Migranten. Fazit: Die Gesellschaft geht den Bach runter.

Diesen Eindruck könnte man haben, wenn man die Medienberichterstattung nur oberflächlich wahrnimmt. Wenn man bereit ist, etwas tiefer zu graben und Statistiken richtig zu lesen, liegt man mit dieser Beurteilung der gesellschaftlichen Lage in Deutschland kräftig daneben.

Einer der genauer hinsieht ist der Gewaltforscher Prof. Dirk Baier. Thema Messerangriffe. Es sind oft Jugendliche. Aber die mit Migrationshintergrund machen das ebenso häufig wie ihre Bio-Deutschen Kollegen. Das Problem ist die toxische Männlichkeit von denen, die sozial, bildungsmäßig oder sportlich nichts vorweisen können, mit dem sie punkten. Das Messer ist nicht das Symbol für Männlichkeit im türkisch-arabischen Bereich, sondern der unterprivilegierten männlichen Jugendlichen. Man muss eben nur Statistiken richtig lesen und auswerten können.

Die Gewaltbereitschaft insgesamt ist in Deutschland heute nicht höher als vor 10 Jahren, sagt Prof. Baier. Auch das ist eine Tatsache, die sich so gar nicht mit dem Eindruck vereinbaren lässt, den uns die Berichterstattung suggeriert.para 

Merke: Meldungen kritisch hören und sehen und recherchieren, bevor man sich ein – meist vernichtendes – Urteil bildet. Weder die Jugendlichen noch die Migranten sind heute gewaltbereiter als früher. 


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3/17/2023

Schlagzeilen können jemanden vernichten

Eine junge Frau gönnt sich in ihrem arbeitsreichen Leben ein Tanzvergnügen und verliebt sich dort in einen Mann. Sie verbringen in ihrer Wohnung die Nacht miteinander, doch morgens ist er verschwunden. Stattdessen steht die Polizei vor der Tür, denn der junge Mann wird als Straftäter gesucht. Nun steht sie plötzlich im Fokus der Öffentlichkeit, geradezu am Pranger. ‚Die verlorene Ehre der Katharina Blum‘ von Heinrich Böll erschien 1974, ein Jahr später genial verfilmt von Volker Schlöndorff und Margarethe von Trotta. Angela Winkler spielt die Hauptrolle der 27-jährigen über die die Nachbarn tuscheln: ‚Schau mal, das ist sie‘. Böll beschrieb damals sehr drastisch die Methoden der BILD-Zeitung, ohne diese zu nennen. Doch jeder weiß, wer die großen Schlagzeilen bringt, die einen Menschen regelrecht zerstören können. Wie potenziert ist diese Macht längst durch das Internet, auch durch die sogenannten sozialen Medien. Noch leichter als zu Bölls Zeiten ist es möglich, einer Person durch verkürzte oder gar falsche Aussagen über sie schwer zu schaden. Man denke nur an Kasia Lenhardt, die Ex-Freundin des Fußballprofis Jérôme Boateng, die sich offenbar aus solchen Gründen das Leben nahm. Viele weitere, nicht so prominente Menschen haben ein ähnliches Schicksal erlitten oder erleiden es. Wir müssen aufpassen, was wir schreiben und sagen und auch was wir glauben. ‚Die verlorene Ehre der Katharina Blum‘ können Sie übrigens hier in Berlin gerade als Theaterstück erleben – in der Vagantenbühne, zu sehen wieder am 11. April.